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Samstag, 14. September 2013

Legionellen lauern überall

http://www.zeit.de/wissen/gesundheit/2013-09/legionellen-warstein-faq

Legionellen lauern überall

In Warstein sind zwei Menschen an Legionellen gestorben und Dutzende erkrankt. Die Bakterien sind nur in großen Mengen gefährlich. Wie bekämpfen Seuchenschützer sie?VON 
Legionellen-Bakterien in starker Vergrößerung
Legionellen-Bakterien in starker Vergrößerung  |  © Janice Haney Carr/CDC/dpa
Wann traten die ersten Fälle von Legionellosen im Raum Soest auf?
Am 9. August kommt der erste Patient ins Warsteiner Krankenhaus. Er leidet unter Atemnot, Schüttelfrost und Fieber. Die Diagnose: schwere Lungenentzündung. Am 14. August wendet sich das Krankenhaus Maria Hilf an den Kreis Soest. Immer mehr Kranke haben die gleichen Symptome. Die Ursache ist unklar. Am 15. August bestätigt ein Labor zwei Fälle von Legionellen. Die Suche nach der Quelle der Bakterienerkrankungen beginnt. Am selben Tag stirbt ein Patient, zwei Tage später stirbt ein weiterer. Ein Krisenstab des Kreises Soest rät seit dem 30. August davor, Warstein nicht zu besuchen, wenn dies nicht unbedingt nötig ist. Die Warnung gilt noch bis zum 16. September. Bislang gibt es mehr als 160 Erkrankte. Neuerkrankungen sind in den vergangenen zwei Tagen aber nicht mehr aufgetreten. Die Schutzmaßnahmen seien aber noch nicht abgeschlossen, heißt es aus dem Krisenstab.
Wie wird versucht, die Infektionsquelle zu finden?
Am 19. August macht der Kreis Soest das Problem öffentlich. Weil die Bakterien über feine Wassertröpfchen in der Luft übertragen werden, setzt hier jede Suche an: Wo dampft es, wo sieht man Nebelschwaden? Typische Legionellenquellen sind Klima- und Kühlanlagen, in 80 bis 90 Prozent der Fälle werden Seuchenschützer dort fündig. Wird die Quelle so nicht identifiziert, zieht man den Kreis weiter und untersucht andere Prozesse: Wo blubbert Wasser sonst noch in feinen Tröpfchen? Das kann ein Springbrunnen sein oder der Rasensprenkler. In Warstein wird im August eine Meldepflicht für Kühlanlagen verhängt. Die Behörden wollen wissen, wo sie mit ihrer Suche anfangen sollen. Ende August wird eine Kühlanlage tatsächlich erstmals positiv auf Legionellen getestet.
Wann gilt ein Messwert als auffällig?
Legionellen sind Bakterien, die im Wasser leben und überall in der Umwelt vorkommen. Kommen sie nur in niedrigen Konzentrationen vor, ist das für Menschen nicht gefährlich. In der Trinkwasserverordnung ist der Wert von 100 koloniebildenden Einheiten pro 100 Milliliter Wasser als Grenze festgesetzt. Ist dieser Wert überschritten, muss die Anlage untersucht und Proben entnommen werden.
  • WAS SIND LEGIONELLEN?
  • WIE MACHEN SIE KRANK?
  • WAS HILFT DAGEGEN?
Legionellen sind Bakterien, die überall in der Umwelt vorkommen. Knapp 60 Arten sind bekannt. Sie alle können potenziell krank machen – der bloße Kontakt zu den Keimen ist aber harmlos. Auch gesunde Menschen, die mit Legionellen verkeimtes Wasser trinken, werden normalerweise davon nicht krank.
Erst wenn die feuchtigkeitsliebenden Bakterien eingeatmet werden und in die tieferen Bereiche der Lunge geraten, droht eine Erkrankung. Das kann beim Duschen, in Dampfbädern oder auch am eigenen Waschbecken passieren, wenn dort verkeimtes Wasser verdampft. In Gewässern, die über 25 Grad Celsius warm sind, können sich Legionellen gut halten und mithilfe anderer Organismen – wie Amöben – schnell vermehren. Kocht man Wasser, sterben die Bakterien ab.
Die für Menschen bedrohlichste Art ist Legionella pneumophila. Sie ist nach Informationen des Robert Koch-Instituts für etwa 90 Prozent aller Erkrankungen durch Legionellen verantwortlich.
Was ist das Ergebnis der Suche?
Bisher sind mehrere Legionellenherde gefunden worden. Erste positive Proben kamen aus einer örtlichen Kühlanlage. Dann gab es einen Legionellenfund bei der örtlichen Warsteiner Brauerei. Betroffen ist das Rückkühlwerk, wo Wasser verdampft. Auch im Abwasser der Brauerei wurden Legionellen gefunden. Der Abwasserzulauf aus der Brauerei zur Kläranlage Warstein sei belastet gewesen, sagte ein Sprecher des NRW-Umweltministeriums. Ebenfalls betroffen sind somit örtliche Klärwerke. Der kleine Fluss Wester überschritt die zulässigen Legionellenwerte zudem um das Tausendfache. An allen diesen Stellen wurde der gleiche Stamm der Bakterien gefunden, der auch bei den Patienten im Warsteiner Krankenhaus entdeckt worden war. "Die Kette zwischen Klärwerk, Brauerei, Kühlanlage und Fluss kann aber noch weitergehen. Was die ursprüngliche Quelle ist, ist weiter unklar", sagte ein Umweltbundesamtssprecher.
Warum ist es so schwer, den Infektionsherd zu finden?
Mikrobiologische Verbreitung ist kompliziert und schlecht zu berechnen. Das macht eine Rückverfolgung des Ausbreitungsweges der Bakterien schwierig. Gibt es einen positiven Legionellenbefund, stellt sich immer die Frage, ob man die Quelle gefunden hat oder nur auf das Glied einer Kette gestoßen ist, die sich in eine andere Richtung fortsetzt. So ist es auch im Fall Warstein: Ist die Brauerei die Quelle oder wurde die Kläranlage über die Luft verunreinigt? Ein weiteres Problem sei, dass niemand wisse, wo diese klassischen Ansteckungsherde stünden, sagte der Sprecher des Bundesumweltamts. Sinnvoll sei, dass Gemeinden ein Ortsverzeichnis führen, wo alle Verdunstungskühlanlagen aufgelistet sind. Das würde die Suche nach Legionellen beschleunigen, man könnte so die Krankheitsfälle reduzieren. Geschätzt gebe es jedes Jahr 3.000 Menschen, die nach einer Legionelleninfektion sterben.    

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