Legionella pneumophila und Pseudomonas aeruginosa können sich in vorhandene
Trinkwasser-Biofilme einnisten und in stagnierendes Trinkwasser ausgetragen
werden
Werden fakultativ
pathogene Bakterien in eine Trinkwasser-Installation eingetragen, so kann es
unabhängig von Werkstoffqualität, Werkstoffalter,
Wasserbeschaffenheit und
Temperatur zur Einnistung dieser Organismen in vorhandene Trinkwasserbiofilme
kommen. Die Organismen persistieren dort über Wochen bis Monate in kaltem und
erwärmtem Trinkwasser. Unter günstigen Umgebungsbedingungen ist auch eine
Vermehrung möglich. Durch die Freisetzung aus den Biofilmen gelangen sie in das
Trinkwasser, so dass Biofilme eine Kontaminationsquelle und somit eine
potentielle Infektionsquelle darstellen. Zu den fakultativ pathogenen Bakterien
von medizinisch-hygienischer Bedeutung, die in der Praxis in Biofilmen der
Trinkwasser-Installation nachgewiesen wurden, gehören L. pneumophila und P.
aeruginosa.
Die Ergebnisse der halbtechnischen
Versuchsanlage zeigten, dass sich L. pneumophila in Trinkwasser-Biofilme
einnistete, besonders bei erhöhten
Temperaturen, unabhängig von der
Werkstoffqualität oder der Wasserbeschaffenheit. Eine Vermehrung fand besonders
dann statt, wenn Amöben als Wirte für die intrazelluläre Vermehrung zur
Verfügung standen, und wenn sehr dichte, aktive (wachsende) Biofilme vorlagen.
Unter diesen Bedingungen ist grundsätzlich zu erwarten, dass Legionellen aus
dem Biofilm freigesetzt und in das Trinkwasser ausgetragen werden. Die
Konzentrationen an L. pneumophila in den Trinkwasserproben (gemäß DIN EN ISO
19458 „Analyse der Wasser-Beschaffenheit an einer Entnahme-Armatur im Haushalt“
(Zweck b)) können bei allen Werkstoffen über dem technischen Maßnahmewert von
100 KBE/100 mL gemäß DVGW-Arbeitsblatt W 551 liegen. Auch in den Biofilmen, die
sich im Kaltwasser (12 °C bis 15 °C) entwickeln, konnte L. pneumophila mit den
kulturellen Standarduntersuchungsverfahren (ISO 11731) sporadisch nachgewiesen
werden. Die Konzentration von L. pneumophila im Biofilm ist abhängig von der
Besiedlungsdichte. Werkstoffe, auf denen sich viel Biofilm bildet und
sich viele Amöben
entwickeln (z.B.
EPDM-Werkstoffe ohne Empfehlung nach DVGW-Arbeitsblatt W 270), bieten das
Potential für sehr hohe Konzentrationen an L. pneumophila.
Hohe L.
pneumophila-Konzentrationen im Biofilm führen zu hohen Konzentrationen im
stagnierenden Trinkwasser. Die Temperatur spielt für die Vermehrung von L. pneumophila
eine entscheidende Rolle. Daher ist darauf zu achten, dass
Warmwasseranlagen dem Stand des DVGW-Arbeitsblattes W 551 entsprechen. Aber auch
Kaltwasseranlagen können, wie im Rahmen des Verbundvorhabens durchgeführte
experimentelle Untersuchungen sowie die bundesweite Erhebung und Risikoanalyse
bestätigt haben, mit L. pneumophila kontaminiert sein und müssen daher bei
Sanierungen von L. pneumophila Kontaminationsfällen bei der Gefährdungsanalyse
mit berücksichtigt werden.
Auch P. aeruginosa nistet
sich in Biofilme auf allen neuen und gealterten Werkstoffen der
Trinkwasser-Installation ein und kann das umgebende stagnierende Wasser durch
Freisetzung aus den Biofilmen kontaminieren. Die Dauer der Persistenz sowie die
Konzentration der kulturell nachweisbaren P. aeruginosa können zwischen den
einzelnen Werkstoffen variieren.
Eine neue Erkenntnis des
Projektes ist, dass L. pneumophila und P. aeruginosa in Biofilmen auf
Werkstoffen der Trinkwasser-Installation außer in kultivierbarer Form auch in
einem nicht-kultivierbaren Zustand vorliegen können. In diesem als VBNC
(„viable-but-nonculturable“, siehe Glossar) bezeichneten Zustand sind die
Bakterien auf üblichen Nährmedien nicht mehr anzüchtbar, obwohl sie lebensfähig
sind. VBNC-Bakterien lassen sich mit kultivierungsunabhängigen Verfahren
nachweisen. Bewährt haben sich Fluoreszenz-in-situ-Hybridisierung (FISH) unter
Verwendung gattungs- bzw. artspezifischer Gensonden und PCRbasierte Methoden.
Sowohl auf neuen als auch
auf gealterten Werkstoffen war die Konzentration von P. aeruginosa, die mit der
FISH-Methode bestimmt wurde, höher als jene, die kulturell bestimmt wurde.
Gleiches gilt auch im Fall der Einnistung von L. pneumophila in
Trinkwasserbiofilme. Während die Konzentration der kultivierbaren Zielorganismen
schwankte, blieb die Konzentration der FISH-positiven Zielorganismen über den
untersuchten Zeitraum relativ konstant. Dies lässt den Schluss zu, dass sich
ein Teil der Zielorganismen im Biofilm in einem VBNC-Zustand befand. Darüber
hinaus deutet es darauf hin, dass sich der physiologische Zustand der Bakterien
im Biofilm durch eine Vielzahl komplexer Prozesse ändern kann. Dazu gehört die
Wechselwirkung mit anderen Bakterien und Protozoen, die Änderung der Temperatur
oder des Nährstoffgehalts. Daraus wiederum würden sich schwankende Befunde bei mikrobiologischen
Routine- und Kontrolluntersuchungen von Trinkwasser-Installationen schlüssig
erklären.
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